Dorothee Boss
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Notfallkoffer bei Einsamkeit 

Ideen für einsame Zeiten

NOTFALLKOFFER BEI EINSAMKEIT

Selbsthilfe wirkt ....

Was kann ich bei akuter Einsamkeit Gutes für mich tun?

Es gibt kein Patentrezept gegen Einsamkeit. Jeder Mensch geht hier seinen persönlichen Weg. Jede und jeder reagiert anders und braucht für sich passende Ressourcen, die ihm, ihr helfen, sich (wieder) mit sich selbst und anderen Menschen wohlzufühlen und verbunden zu fühlen.

Akzeptanz

Akzeptanz der eigenen Einsamkeit klingt zunächst nach billiger Vertröstung. Doch wer seine akute Einsamkeit zunächst annimmt, wie sie jetzt ist, kann wertvolle Kräfte sammeln, um später nach passenden Auswegen aus der Einsamkeit zu suchen.

 

Durch Akzeptanz der aktuellen Situation werden emotionale Energien frei, die sonst in den Widerstand gegen dieses unangenehme, belastende Erleben gesteckt würden und die Weiterentwicklung blockieren können.

 

Ich kann mir also sagen:

"Ich fühle mich jetzt einsam. Das ist aktuell meine Realität. Ich kann sie akut (noch) nicht ändern. Ich nehme die schmerzhaften Gefühle, die ich jetzt habe, zunächst einmal an. Dann schaue ich weiter."

 

Diese akzeptierende Haltung ähnelt der eines Frosches im Treibsand: Streckt er alle Viere von sich und kämpft sich nicht ab, kann er bei sich bleiben, sich auf dem Treibsand ausruhen und in Ruhe passende Lösungen überlegen und schließlich wegkrabbeln. Wer aber heftig um sich schlägt, seine schmerzhaften Gefühle abwehrt, verliert eher an Kraft (nach Julia Arnhold). Wer seine Situation zunächst und zeitweise akzeptiert, kann in weiteren Schritten eigene Ideen zur Linderung von Einsamkeit entwickeln.

 

Wie kann ich mir selbst bei akuter Einsamkeit helfen? 

Mitgefühl mit sich selbst ist ein gutes Hausmittel gegen die Einsamkeit. Wenn niemand für mich da ist, das verspreche ich mir, dann werde ich für mich da sein und für mich sorgen. (Michael Lehofer)

Selbstfürsorge

  • Regelmäßig meine Tagesstruktur pflegen: Von Aufstehen bis zum Zubettgehen regelmäßige zeitliche Tagesabläufe entwickeln, gerade in Krisenzeiten, Zeiten von Krankheit, Arbeitslosigkeit und Rente. Ich stehe zur selben Zeit auf und strukturiere meinen Tagesablauf . In den Tag hinein schlafen kann punktuell wichtig sein, auf Dauer verschlafe ich aber den Tag, der 'artgerechte' Tag-Nacht-Rhythmus geht verloren, ich verpasse Begegnungen mit anderen Menschen, die mich stärken, und gehe den Anforderungen des Tages aus dem Weg.
  • Gesunde Ernährung: Leckere Mahlzeiten auch für mich alleine vorbereiten/kochen und meinen Tisch für mich schön decken. Damit zeige ich, dass ich mir selbst viel wert bin, und sorge gut für mich.
  • Bewegung/Sport: Regelmäßige Spaziergänge am besten jeden Tag im Park, Wald, naturnahen Räumen - auch wenn sie nur 20 Min. dauern - stärken die Gesundheit und erfrischen die Seele. Noch besser sind regelmäßiger Ausdauersport (Walking, Fahrradfahren, Joggen, Schwimmen, Gymnastik, Pilates usw.) (weiter siehe unten).
  • Abends feste Rituale vor dem Schlafengehen unterstützen den erholsamen Schlaf: regelmäßige Einschlafzeiten, Abendrituale mit Kräutertee, Buch lesen, ruhige Musik, Aromalampe, Meditation ... Handy/TV/Tablet ausstellen.
  • Mein Zuhause gemütlich einrichten – bereits kleine Ideen machen viel aus (z.B. Möbel umstellen, dekorieren, Blumen, Pflanzen, Musik, warme Lichtquellen nutzen) (...).

Entspannung

Einsamkeit löst physiologischeStressreaktionen aus. Auf Dauer können sie zur Entstehung und Stabilisierung von Beschwerden und Krankheiten beitragen. Deshalb ist der Einsatz von Entspannungstechniken bei Einsamkeit besonders wichtig. Entspannung stärkt die Gesundheit, indem Stress abgebaut und das einsamkeitsbedingte Belastungserleben reguliert werden kann.

  • Jeden Tag Bewegung/Sport in naturnaher Umgebung sind meist vor der Haustür möglich (Stadtparks, Naherholungsgebiete). Jeden Tag ein Spaziergang von 20-30 Min. wirkt bereits gesundheitsfördernd - in welcher Gangart (zu Fuß, mit Rollator, Fahrrad usw.) auch immer. Mehr Bewegung geht immer.

  • Regelmäßig Dinge tun, die Freude machen: Sie sollten leicht umsetzbar und Materialien hierfür direkt zur Hand sein (z.B. Lesen, Gärtnern, Puzzeln, Musik). Im Internet und Zeitschriften lassen sich schnell Do-it-Yourself-Anleitungen finden.

  • Regelmäßig Entspannungstechniken nutzen: Atemübungen, Dehnungsübungen, Yoga, Gymnastik, Meditation u. a. Auch hier finden sich im Internet vielfältige Anregungen. Die positive Wirkung entsteht rasch, aber am besten durch regelmäßiges Üben.
  • Belastende Gedanken/Bilder/Grübeleien unterbrechen: in Gedanken auf eine imaginäre "Wolke" setzen und "wegpusten" bzw. imaginativ auf eine "Eisenbahn" setzen und diese Bahn "davonfahren lassen".  
  • Täglich drei positive Begebenheiten aufschreiben: ("Freudentagebuch", "Dankbarkeitstagebuch"). Bereits nach ein paar Tagen werden positive Erinnerungen aktiviert, was sich auf Denken und Fühlen positiv auswirken wird. Das Gehirn merkt sich positive Gedanken und Erinnerungen.
  • Sich einen "inneren sicheren Ort" mit allen Details (z.B. Meer, Strand, Wald, Natur, Haus) vorstellen und sich bei belastenden Gedanken und Erleben wiederholt dorthin begeben. Auch diese Imagationen stärken die Selbstheilungskräfte und mildern Stressreaktionen.

Soziale Kontakte und Bindungen (wieder) aufbauen und regelmäßig pflegen

  • Sich regelmäßig mit Familienmitgliedern, Freund*innen, Bekannten, (Ex-)Kolleg*innen, Nachbar*innen usw. unterhalten, treffen, ausgehen, telefonieren, chatten, Briefe schreiben, lindert Einsamkeit, weil persönliche Bindungen gefestigt werden.
  • Ruhig den "inneren Schweinehund" überwinden und einen Angehörigen, Freundin, Kollegen einfach mal wieder anrufen. die meisten Menschen freuen sich über spontane Ansprache.
  • Nicht auf andere warten, selbst aktiv werden...
  • Auf die Qualität der Beziehungen kommt es an! Diese Qualität muss sich nach und nach entwickeln und ich kann dafür viel tun!
  • Digital verabreden, aber sich regelmäßig persönlich treffen ...
  • Gruppen vor Ort beitreten (z B. Sport, Kultur, Bildungskurse & -veranstaltungen, Vereine & Nachbarschaftsgruppen, Kirchengemeinden). Bitte etwas Geduld haben, nach ein paar Monaten werden aus Fremden vertraute Menschen und mehr ...
  • Selbst eine Gruppe gründen und organisieren. Selbsthilfegruppen kommen z. B. ohne formelle Leitung aus. Nachbarschaftsgruppen sind schnell gegründet. Die Wege sind kurz.
  • Gruppen- und Bildungsreisen nutzen. Viele Kommunen, Organisationen und Vereine bieten Fahrten für den kleinen Geldbeutel an.
  • Sich und anderen Menschen im Alltag regelmäßig ein freundliches Lächeln, eine nette Begrüßung schenken.   
  • Spontan auch mit Fremden über Alltagsthemen ins Gespräch kommen (z.B. im Café, Wartezimmer, im Bus, an Käsetheke, Tankstelle).

 

Verhalten, Gedanken und Gefühle 

  • Einsamkeit entwickelt sich oft auch durch schlechte Erfahrungen, Konflikte, Krisen, Brüche im Laufe des Lebens.
  • Einsamkeit kann Folge oder Ursache von psychischen Störungen (z.B. Depressionen, Ängsten, Sucht) sein. Auch hier kann ich selbst viel für mich tun, brauche aber noch mehr andere Menschen, die mir helfen, mit mir liebevoll umzugehen und auf andere leichter zuzugehen.
  • Hinzu kommen Persönlichkeitsmerkmale, die verhindern, dass man leichter auf andere Menschen zugeht, sich öffnen und verbinden kann. Introvertierte Menschen und Personen mit emotionalen Belastungen brauchen mehr Zeit und Ruhe für Beziehungsaufbau und Kontaktpflege als Extrovertierte.
  • Negative Annahmen, Sorgen und Ängste (der andere mag mich bestimmt nicht) führen bei Menschen mit langer Einsamkeitsgeschichte dazu, dass sie sich eher sozial zurückziehen oder die Kontaktaufnahme garnicht erst versuchen. Es kommt langfristig zur "Einsamkeitsspirale". Mangels positiver Erfahrungen werden die Bilder von anderen Menschen und sozialen Beziehungen immer schlechter und man zieht sich noch mehr zurück ... und bleibt eher einsam, wenn sich diese Vorstellungen nicht ändern.
  • Unsicherheiten, schlechte Erfahrungen und negative Bilder im Kopf im Umgang mit anderen Menschen lassen sich aber gut verstehen und langfristig ändern. Hier sind die Volkshochschulen und Bildungsanbieter erste gute Adressen. Fachleute vermitteln hier Wissen und praktische Ideen, wie zwischenmenschlicher Umgang besser verstanden und gute Beziehungen entwickelt werden können. Ungeeignete Kommunikations- und Konfliktmuster lassen sich erkennen und ändern (z.B. Kommunikationskurse, Gruppenangebote).
  • Bei massiven psychischen Beschwerden aufgrund von Einsamkeit ist fachliche Beratung und Psychotherapie die richtige Wahl. Mit einer Fachperson können die Ursachen und Mechanismen, die in die Einsamkeit geführt haben, besprochen werden. Gemeinsam wird nach Handlungsalternativen gesucht und die systematische Umsetzung von sozialen Aktivitäten und Selbstfürsorge im Alltag geplant und reflektiert. Auch sind hier Selbsthilfegruppen eine gute Adresse. Erste Selbsthilfegruppen und Veranstaltungen zu Wegen aus der Einsamkeit gibt es bereits in manchen Städten.
  • Wenden Sie sich an Ihre Hausärztinnen und sozialpsychiatrische Dienste in Ihrer Kommune, die Sie an Fachärzt*innen Psychiatrie/Psychotherapie & psychologische Psychotherapeut*innen und in Gruppenangebote/Selbsthilfe vermitteln. 
  • In der Telefonseelsorge finden Sie rund um die Uhr vertrauensvolle Gesprächspartner*innen bei Einsamkeit. 
    0800 1110111 / 0800 1110222 oder 116 123.

 

Wer mit anderen Menschen über Einsamkeit redet, kann erfahren: Ich bin mit meinem leidvollen Erleben nicht allein!

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