Dorothee Boss
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Wenn häusliche Pflege einsam macht

Kennen Sie solche Gedanken, Gefühle, Erfahrungen in der häuslichen Pflege?

  • „Ich lebe und funktioniere nur noch im Hier und Jetzt.“
  • „Ich bin jetzt nur noch in der Mutterrolle.“
  • „Mein Beziehungsnetz bröckelt und wird immer kleiner.“
  • „Ich habe mich für die Pflege meines Partners selbst aufgegeben.“
  • „Ich bin für die Pflege meiner Mutter in die Isolation gegangen.“
  • „Wegen der Pflege gibt es viele Konflikte in meiner Familie.“
  • „Mein Leben ist wie erstarrt.“
  • „Wenn ich mich so allein fühle, tut es mir fast körperlich weh.“
  • "Mein einziger sozialer Kontakt ist mein pflegender Angehöriger."

Dann sind Sie damit nicht allein. Etwa ein Fünftel aller pflegenden Angehörigen und ca. ein Fünftel aller pflegebedürftigen Menschen in Deutschland fühlen sich nach Angaben des VDK (2021) regelmäßig einsam.

Ursachen von Einsamkeit und sozialer Isolation in der häuslichen Pflege von Angehörigen gibt es viele.

  • Durch lange Erkrankungszeit, Alter, Todesfälle, fehlende Mobilität, Pflegebelastungen ist das Beziehungsnetz nach und nach zerbröckelt.
  • Pflege und Präsenz sind rund um die Uhr notwendig.
  • Der pflegende Angehörige ist nur noch in der Pflegerolle.
  • Die übrigen Familienmitglieder wohnen weit entfernt, haben keine Zeit oder es gibt viele familiäre Konflikte. Freunde haben sich zurückgezogen.
  • Es fehlt an vielfältiger Unterstützung vor Ort (Pflegedienste, alltagsunterstützende Hilfen, Nachbarschaftshilfe, Ehrenamtliche usw.).
  • Pflegeperson und Pflegebedürftige haben kein Zutrauen mehr in andere Menschen und haben sich sozial zurückgezogen. 
  • Es fehlt an passenden barrierefreien Begegnungs- und Freizeitangeboten vor Ort.
  • Es fehlen die finanziellen Mittel für Cafebesuche, Freizeit, Kultur, Ausflüge usw.
  • Über Einsamkeit und Bedürfnisse nach Verbundenheit redet man nicht.
  • Keiner kommt.

Was tun, wenn meine häusliche Pflegesituation einsam macht?

Es gibt kein Patentrezept gegen Einsamkeit und soziale Isolation. Gefragt sind individuelle Wege und Lösungen. Doch eins ist sicher: Es gibt immer eigene Wege, um mehr Zugehörigkeit und Verbundenheit zu finden. Außerdem ist hier die Zivilgesellschaft und Sozialpolitik dringend gefordert, hier bessere Hilfenetze zu fördern und einzurichten.

Einsamkeit und soziale Isolation erkennen

Ob sich ein Mensch einsam fühlt, isoliert lebt und darunter leidet, sieht man ihm nicht an! Am sinnvollsten ist es, den anderen und sich selbst zu fragen: Fühlst Du dich gerade einsam? 

Wenn das nicht möglich ist, können verschiedene Anzeichen auf Einsamkeit (und soziale Isolation) hindeuten: Sie können aber auch andere Ursachen haben.

  • Es bestehen außer der Pflegebeziehung fast keine anderen sozialen Kontakte und Bindungen. Treffen mit anderen Menschen aus Familie, Freundeskreis, Nachbarschaft, Vereinen, Schule, Ex-Firma usw. kommen (fast) nicht vor.
  • Häufiges Grübeln, innere Leere, beständiges Misstrauen und negative Gedanken zu anderen Menschen, wiederholte unerklärliche Beschwerden ohne Befund (z.B. Bauchschmerzen) können auch auf Einsamkeit hindeuten. 
  • Sind solche Anzeichen häufig und wiederkehrend vorhanden, kann ein Gespräch z.B. mit Hausarzt/Pflegedienst mehr Aufklärung und Hilfen erbringen.

Beste Hausmittel gegen Einsamkeit und soziale Isolation in häuslicher Pflege sind Selbstfürsorge und Verbundenheit mit anderen Menschen

Selbstfreundschaft und Selbstfürsorge pflegen

  • Ich schätze mich und meine innere Kraft (Resilienz).
  • Ich lobe mich jeden Tag oder bin dankbar für mind. drei Dinge (Freudentagebuch/Dankbarkeitstagebuch).
  • Ich erinnere mich an Positives und genieße die kleinen Dinge im Leben.
  • Ich sorge gut für mich (z.B. Ernährung, Bewegung, Musik, Blumen, Natur). 
  • Ich gestehe mir Überforderung und Einsamkeitsgefühle zu.
  • Für Pflegende: Zuerst sich selbst die Sauerstoffmaske aufsetzen, dann dem anderen… Ich sorge täglich für pflegefreie Räume für mich und lasse auch mal fünf gerade sein. Ich darf Pflegeaufgaben auch loslassen. Ich darf selbst für mich aktiv werden: Schritt für Schritt …

Mit anderen Menschen über meine Einsamkeit und soziale Isolation in der häuslichen Pflegesituation sprechen lernen

  • Ich darf mich überfordert und einsam fühlen, aber es darf nicht dabei bleiben!
  • Ich darf und sollte über mein Befinden mit wertschätzenden Menschen sprechen!
  • Falls niemand im privaten Umfeld ansprechbar ist: → Hausarzt, Pflegeberatung, Wohlfahrtsverbände, Selbsthilfe, Seelsorge etc.
  • Individuelle Ursachen sowie Ideen zum Abbau von Einsamkeit und Isolation besprechen, prüfen, auswählen und umsetzen...
  • Nach ein paar Wochen gemeinsam schauen: Was ist aus meinen Vorhaben geworden...?
  • Was sind meine nächsten Schritte …?
  • Nach ein paar Wochen Maßnahmen wieder prüfen und ggf. anpassen.

Mein Beziehungsnetz Schritt für Schritt ausbauen und pflegen ... Zugehörigkeit finden und ausbauen.

  • Regelmäßige Kontakte, Treffen vor Ort festigen die sozialen Bindungen. Gute Bindungen brauchen Zeit.
  • Jede gute Bindung, jede funktionierende Gruppe wirken gegen Einsamkeit und Isolation.
  • Schritt für Schritt konkret planen und umsetzen:
    • Mit welchen Menschen möchte ich (wieder) Kontakt aufnehmen, warum und wann?
    • Echtes gegenseitiges Interesse, ein klarer Zeitrahmen und gemeinsames Tun sind notwendig.
    • Klären: Wer kann für diese Termine Pflege/Präsenz übernehmen?
    • Gezielt einzelne Kontakte pflegen und soziales Netz ausweiten.

Und jedes Lächeln und jedes freundliche Gespräch zählen positiv... :-)

 

Kurz gesagt: Was hilft?

  • Die eigene Überforderung/Einsamkeit/Isolation frühzeitig wahrnehmen und ansprechen (in der Familie, bei Freunden, Nachbarinnen, Hausarzt, Pflegeberatung, Wohlfahrtsverbänden, Selbsthilfe, Seelsorge, Psychotherapie usw.).
  • Frühzeitig bei häuslicher Pflege konkrete Hilfen und Entlastung organisieren und auch wirklich zulassen.
  • Ein passendes soziales Netz vor Ort Schritt für Schritt aufbauen und regelmäßig pflegen (Familie, Freunde, Nachbarschaft, Vereine, Quartier, Kollegen etc.).
  • (Wieder) Vertrauen in und durch Menschen lernen (in Familie, Freundschaften, Gruppen, Vereinen, Selbsthilfe, Beratung, Psychotherapie).
  • Digitale Angebote zusätzlich nutzen (z.B. www.silbernetz.de).
  • Täglich mich, meine innere Kraft (Resilienz), meine Bindungen wertschätzen und pflegen …

"Um einen alten, kranken und behinderten Menschen zu pflegen, braucht es ein ganzes Dorf"

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