"Ich bin jetzt gern mit mir allein. Seit dem Tod meiner Frau vor Jahren habe ich nach einiger Zeit der Trauer das Malen für mich entdeckt. Bereits morgens beim Frühstück überlege ich mir, was ich heute malen werde. Ich freue mich jeden Tag darauf. Ich brauche dann keine anderen Menschen um mich herum. Meine Kinder und Enkelkinder sehe ich regelmäßig. Aber das Malen brauche ich ganz für mich allein. Wenn ich male, bin ich völlig zufrieden, im Einklang mit mir selbst."
"Im Lockdown habe ich praktisch keinen Menschen bei mir in der Wohnung gesehen. Ich war völlig auf mich gestellt. Keiner konnte mich besuchen und ich bin zu keinem gegangen. Lebensmittel habe ich mir vor die Tür stellen lassen. Praktisch habe ich tagelang kein Wort mit anderen gewechselt. Schließlich habe ich mit mir selbst geredet. Es war schrecklich. Ich fühlte mich total isoliert."
Alleinsein in Zufriedenheit und Gelassenheit. Es zeigt: Der Mensch kann gut allein sein, wenn er oder sie sich selbst darin wiederfindet und Sinn erlebt.
Und die andere Seite des Alleinseins: Empfindungen von Belastung, Angst, Druck und Trauer dominieren. Alleinsein als erzwungene Einsamkeit, als Gefühl der sozialen Isolation, der Entfremdung.
Jede kennt diese beiden Seiten des Alleinseins, doch Einsamkeitsgefühle sind auf Dauer für das "Gruppentier" Mensch sehr belastend.
Selbst in den sozialen Medien - Whatsapp, Instagram, Facebook und Co. - kann die Einsamkeit mit ihrem dunklen Gesicht erscheinen, wenn eigene Postings kaum "Likes" bekommen oder sich eine wichtige Kontaktperson nicht mehr oder sporadisch zurückmeldet. Bereits ein schwaches Mobilfunknetz kann heutzutage Einsamkeitsgefühle hervorrufen.
Einsamkeit ist letztlich ein schmerzvolles Gefühl, das belastende Empfinden, dass der Wunsch nach Beziehung und sozialen Kontakten, wie ich mir sie wünsche, aktuell nicht erfüllt ist. Ich fühle mich isoliert. Ich erlebe keine Nähe. Die anderen sind mir fern.
Einsamkeit kann im Alleinsein auftreten.
Doch selbst mitten in einer Gruppe, im Gewühle der belebten Fußgängerzone, in Partnerschaft und Familie kann ein Mensch tiefe Einsamkeit erleben. Treten diese Einsamkeitsgefühle häufig oder gar dauerhaft auf, kann sozialer Rückzug die Folge sein, der sie verstärkt, aber nicht lindert.
Das Alleinsein ist eine Situation, in der andere Menschen nicht in der Nähe sind: in der Wohnung, beim Sport, auf dem Weg zur Arbeit, im Home Office, im Wald.
Das Alleinsein lässt sich auch gezielt suchen und gestalten. Der bewusste Rückzug in die eigenen vier Wände, in ein Kloster, in eine Wellnessoase oder in die Natur kann befreiend sein - endlich für mich allein. Wie schön!
Menschen sind "Rudeltiere", zumal in Belastungssituationen. Dann suchen die meisten sofort soziale Nähe, vertraute Personen, Gespräche, Kontakt, Berührungen. Wer sich einsam fühlt, signalisiert: Jetzt brauche ich Kontakt zu anderen, jetzt brauche ich soziale Unterstützung.
Wie die Schauspielerin Nora Tschirner sagt: Jedes Rudel ist dann recht. Ob Mensch oder Tier.
Einsamkeit ist ein wichtiges Signal, wieder meine Bindungen zu aktivieren.
Menschen brauchen aber auch manchmal das Alleinsein, um sich selbst als "Ich" wahrzunehmen, sich als eigener Mensch zu fühlen.
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